Die Zusammenhänge

Der Komplex BlickLabor

Besonders wichtig ist es, die Prüfung der Blickkontrolle, der simultanen Mengenerfassung und der auditiven Differenzierungsfähigkeit bei Legasthenie/Dyskalkulie durchzuführen. Die Blicksteuerung spielt zudem eine Rolle beim Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom (ADHS), da die Ausrichtung von Aufmerksamkeit und Blicken eng miteinander verbunden sind. Bei Dyskalkulie können sowohl die simultane Mengenerfassung als auch die Blicksteuerung möglicherweise nicht altersgerecht entwickelt sein.

Für diese Bereiche existieren Trainingsverfahren, deren Wirksamkeit hinsichtlich Lesen, Schreiben und Rechnen wissenschaftlich belegt ist. (Siehe Bücher von Prof. Dr. B. Fischer: „Blickpunkte“ (1999) und „Hören-Blicken-Zählen“ (2003))

Es existieren zahlreiche Entwicklungsstörungen mit vielfältigen Ursachen, die häufig mit Beeinträchtigungen der Hirnfunktionen einhergehen. Abhängig davon, welche Bereiche oder funktionellen Systeme betroffen sind, können auch die Verarbeitung von Wahrnehmungen oder die Steuerung des Blicks beeinträchtigt sein. Ein gezieltes Training kann in einigen Fällen dazu beitragen, diese Funktionen zu verbessern.

Insbesondere bei Kindern und Jugendlichen mit unterdurchschnittlichen Intelligenzleistungen, die möglicherweise nicht als Legastheniker eingestuft werden, können Frontalhirnfunktionen betroffen sein. Dies kann sich beispielsweise in nicht altersgerechten Leistungen bei der Antisakkaden-Aufgabe zeigen. Viele dieser Kinder erhalten ergotherapeutische oder heilpädagogische Behandlungen. Auch für sie kann ein Training des dynamischen Sehens, der Blicksteuerung, der Hörwahrnehmung und der visuellen Simultanerfassung eine Möglichkeit sein, die Aufnahme von Seh- und Hörinformationen zu verbessern und damit die weitere Entwicklung und Lernprozesse zu fördern.

Blicksteuerung im Fokus: Grundlagen und Entwicklung

Sehen ist ein aktiver Prozess, der nicht nur die Augen, sondern auch ihre Beweglichkeit einbezieht. Ein berühmtes Zitat besagt: „Wir sehen nicht mit den Augen und hören nicht mit den Ohren, sondern mit dem Gehirn.“

Verschiedene Aspekte der Seh- und Blickfunktionen sind im Alter von etwa 10 Jahren größtenteils ausgereift. Die Sehschärfe zum Beispiel ist bei Schuleintritt bereits voll entwickelt, während andere Fähigkeiten über viele Jahre hinweg weiterentwickelt werden.

Sehen und Hören passieren im Gehirn, nicht nur in den Augen oder Ohren!

Blicksprünge (Sakkaden) spielen eine bedeutende Rolle. Das Auge hat in der Mitte der Netzhaut eine Region des schärfsten Sehens, die Fovea genannt wird. Dort sind die Rezeptoren und Nervenzellen am dichtesten. Um klare Sicht auf ein Objekt zu erhalten, muss der Blick darauf gerichtet sein. Dies erfordert schnelle Blicksprünge und eine präzise Steuerung durch das Gehirn.

Während des natürlichen Umherschauens erfolgen etwa 3 bis 5 solcher Sakkaden pro Sekunde, wobei das Auge zwischen den Blicksprüngen fixiert ist. Bei binokularer Instabilität können die Augen unterschiedliche Geschwindigkeiten während der Fixation aufweisen.

Der Wechsel zwischen Fixation und Sakkade wird normalerweise automatisch durch einen optomotorischen Zyklus gesteuert. Jedoch können wir auch bewusst unsere Blickrichtung lenken, insbesondere bei spezialisierten Aufgaben wie Lesen und Schreiben.

Untersuchungen haben gezeigt, dass verschiedene Komponenten der Blicksteuerung bei einigen Personen in ihrer Entwicklung zurückbleiben können. Dazu gehören die Fixationsfähigkeit, die willentliche Kontrolle über Blicksprünge, die zeitliche Genauigkeit der Reaktionen und die binokuläre Stabilität.

Zur Diagnose müssen die Augenbewegungen gemessen und analysiert werden. Es gibt heute die Möglichkeit, die Komponenten der Blicksteuerung quantitativ zu bestimmen, was insbesondere bei neurologischen, psychiatrischen Erkrankungen oder Lernstörungen von Vorteil ist. Mit berührungslosen und ungefährlichen Methoden, wie der Messung mit infrarotem Licht, kann die Fixation, reflexartige Blicksprünge und willentliche Blicksteuerung erfasst werden. Dies eröffnet neue Möglichkeiten für eine präzise Diagnostik und Behandlung.

Das Erlernen grundlegender Hörfähigkeiten ist ein lebenslanger Prozess, der bereits durch die täglichen Anforderungen beim Spracherwerb beginnt. Diese Fähigkeiten bilden die Grundlage für ein bewusstes und präzises Hören, das für die Sprach- und Schriftsprachentwicklung entscheidend ist. Heutzutage üben nur noch wenige Kinder durch Singen und Musizieren ihr Gehör, was dazu führen kann, dass grundlegende Hörunterscheidungen möglicherweise nicht zuverlässig ausgeführt werden:

  1. Unterscheidung von Lautstärken
  2. Unterscheidung von Tonhöhen
  3. Erkennung kurzer Pausen in Tönen
  4. zeitliche Anordnung von zwei verschiedenen Tönen mit einem Ohr.

Diese Hörfähigkeiten stehen unabhängig von der Intelligenzleistung der Kinder.

Verbesserung der Hörunterscheidung: Schlüsselrolle bei Legasthenie

Die grundlegenden Hörfähigkeiten müssen im Laufe des Lebens erlernt werden, ähnlich wie bei der Entwicklung des Sehens. Diese Fähigkeiten entwickeln sich in der Regel automatisch durch die täglichen Anforderungen an das Gehirn. Sie bilden die Grundlage für ein präzises und bewusstes Hören, das für den Sprach- und Schriftspracherwerb entscheidend ist.

Es kann vorkommen, dass selbst einfache Hörunterscheidungen nicht zuverlässig genug getroffen werden können. Mit sprachfreien Hörtests ist es heute möglich, diese Hörleistungen zu messen. Diese Tests wurden von der AG Hirnforschung in Freiburg in Zusammenarbeit mit der Pädaudiologie und Phoniatrie der Medizinischen Hochschule Hannover entwickelt und standardisiert.

Die Tests umfassen die Überprüfung der Unterscheidung von Lautstärken, Tonhöhen, Erkennung von Pausen in Tönen und die Erfassung der zeitlichen und seitlichen Anordnung von Tönen. Keiner dieser Tests erfordert sprachliche Fähigkeiten und sie sind unabhängig von der Intelligenz.

Nach einer entsprechenden Diagnose können auch Hördefizite durch kontrolliertes Training verbessert oder behoben werden. Die Erfolgsraten für verschiedene Unterfunktionen liegen zwischen 50 und 80 %. Ein erfolgreiches Hörtraining wirkt sich auch positiv auf sprachbezogene Hörfähigkeiten und Rechtschreibung aus.

Verbesserung der Simultanerfassung: Methode gegen Rechenschwäche

Die Simultanerfassung, eine besondere Sehleistung, ermöglicht es, die Anzahl kurzzeitig betrachteter Elemente genau zu erfassen.

Bei einer Rechenschwäche (Dyskalkulie) treten trotz normaler Intelligenz besondere Schwierigkeiten beim Erlernen der Grundrechenarten auf.

Pädagogen vermuten, dass der Zahlbegriff möglicherweise nicht vollständig entwickelt ist, wodurch selbst einfache Additionen durch das Zählen von Einsen gelöst werden. Eine weitere Vermutung, dass der Zahlbegriff auf der Fähigkeit der Simultanerfassung von kleinen Mengen beruht, wurde durch einen Test gestützt. Dabei wurde die Sehleistung überprüft, indem für eine Zehntelsekunde zufällig zwischen ein und neun Kreisen auf einer Anzeige gezeigt wurden. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mussten dann die Anzahl der Kreise durch Drücken der entsprechenden Zifferntaste angeben.

Die Fähigkeit zur Simultanerfassung entwickelt sich über mehrere Jahre hinweg. Selbst im Alter von 15 Jahren erreichen noch nicht alle den Entwicklungsstand von Erwachsenen. Bereits im Alter von sieben Jahren zeigen rechenschwache Kinder einen Rückstand. Die Untersuchung der Simultanerfassung wurde auch bei Legasthenikern durchgeführt und ergab in etwa 45 % der Fälle Auffälligkeiten.

Die Wahrnehmungsfunktion im mathematischen Bereich und beim Lesen

Untersuchung der Blickbewegungen im BlickLabor

Die Untersuchung der Blickmotorik im Lernzentrum Gelderland dauert in der Regel 30 Minuten. Dabei werden das Fixationssystem, die willentliche Blicksteuerung und die binokulare Stabilität überprüft und mit altersentsprechenden Normdaten verglichen. Anschließend erfolgt eine Auswertungsphase der Blickbewegungen, die ebenfalls etwa 30 Minuten dauert.

Im Anschluss daran findet ein umfangreiches Gespräch über die erhobenen Daten statt. Erst nach dieser Diagnostik kann ein Training mit entsprechendem Trainingsgerät durchgeführt werden, das im Blicklabor Freiburg ausgeliehen werden kann.